Sound of silence (4/9)
Jan. 31st, 2008 06:28 pm![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Anmerkung zur Chronologie: wie unschwer zu bemerken ist, ist dieser Teil zeitlich zwischen Kapitel 2 und 3 einzuordnen
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4. Going Home
„Wilson! Hallo!“
House schwenkte seinen Stock vor seinem Freund herum, der in Gedanken versunken auf der Bettkante saß. Er schaute auf. Sein Kopf war noch immer mit einem Verband umwickelt, der aber schon deutlich kleiner war als noch vor einigen Tagen.
„Und? Kann’s losgehen?“
Der Onkologe schaute House fragend an – er wirkte so unsicher, dass es dem einen Stich versetzte. Doch dann nickte der Jüngere.
„Lass uns fahren. Bin froh, wenn ich den Laden nicht mehr sehen muss.“
„Dir ist aber schon klar, dass du demnächst wieder hier arbeiten musst, oder?“
Noch ein fragender Blick. Verdammt! House nahm sich vor, daran zu denken, aber manchmal war sein Mund doch schneller als sein Gehirn und er vergaß, dass zu komplizierte oder unerwartete Sätze für Wilson zur Zeit nur schwer oder gar nicht zu verstehen waren. Es war ja auch nicht zu erwarten, dass er nach 2 Wochen ein Experte im Lippenlesen wäre – einer Kunst, die sowieso zu mehr als 50 % aus Raten und Kombinieren bestand. Momentan war nicht die geeignete Zeit für sarkastische Kommentare. Obwohl: die Situation wäre schon richtig, nur was half es, wenn Wilson die besten Witze sowieso verpasste.
Vor gerade mal einer Woche hatte Wilsons „Experte“ – House tat sich schwer mit dieser Bezeichnung für einen Arzt, der so gar nichts tun konnte – ihnen eröffnet, dass er sein Gehör wohl nicht wiedererlangen würde. Es hatte ihn verständlicherweise schwer getroffen. Wilson stand vor einem Abgrund. Er konnte sich kaum vorstellen, wie sein sowieso ziemlich verkorkstes Leben (Scheidung Nummer 3 war noch kein Jahr her) weitergehen sollte. Immerhin hatte House Cuddy sofort zusagen lassen, dass er seinen Job behalten würde. Aber was auf ihn zukam, bevor er wieder arbeiten könnte, machte ihm Angst: er musste Lippenlesen und ASL lernen. Außerdem bestand Cuddy auf Sprachtherapie. Er musste lernen, den Klang und die Lautstärke seiner Stimme einzuschätzen, auch wenn er sich nicht hören konnte.
House hatte sich erstaunlich mitfühlend gezeigt: er war gerade in den ersten Tagen kaum von Wilsons Seite gewichen, war stets zur Stelle, wenn der Onkologe aufwachte. Oft war der dann erst einmal verwirrt und brauchte einen kurzen Moment, bevor er wieder realisierte, was passiert war. Es war gut, dann ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Außerdem hatte er versprochen, mit Wilson zusammen ASL zu lernen – „Du brauchst schließlich jemanden, dem du zuwinken kannst“ war seine wie üblich äußerst charmante Begründung. Zumindest das wäre aber tatsächlich weniger ein Problem: zu Wilsons Erleichterung erfuhr er von House, dass Cameron durch einen Collegekurs bereits einige grundlegende Gebärden beherrschte: „Momentan gebärdet sie bestimmt besser als du.“
Chase konnte tatsächlich flüssig gebärden – leider nur in AUSLAN, der australischen Form, die sich von der amerikanischen doch sehr unterschied. Aber immerhin – das Lernen dürfte ihm leichter fallen, und einige Ähnlichkeiten waren ja schon vorhanden.
Die Tatsache, dass es in der Gebärdensprache tatsächlich noch grundverschiedene Dialekte gab, hatte Wilson nur kurz irritiert. House dagegen konnte sich natürlich einige beißende Kommentare nicht verkneifen.
„Also wirklich! Da erfindet jemand schon eine völlig neue Sprache, und dann ist es nicht möglich, die einheitlich zu verbreiten?“ meinte er zu Cameron. „Die Tauben“ (er sah mit Freude, wie Cameron bei diesem politisch so schön unkorrekten Ausdruck zusammenzuckte) „hätte damit die Weltherrschaft an sich reißen können! Wilson hätte Diktator sein können! Das wäre was: mein Kumpel, der Beherrscher des Erdballs! Er hätte mir unwürdigem Hörenden natürlich einen guten Posten zugeschanzt!“
Mit solchen Sprüchen brachte er auch Wilson zum Lachen. Und in der behüteten Umgebung der Klinik wurde der auch langsam wieder etwas sicherer. Er unternahm Spaziergänge über das Klinikgelände, besuchte House in seinem Büro, und erkundete seine neue, stille Welt. Nur nachts ließ er weiter das Licht an, weil ihn die Kombination aus nichts sehen und nichts hören noch in Panik versetzte.
Tja, und nun sollte er nach House entlassen werden. „Nach Hause“ – das klang nach gemütlicher Wohnung und Kaminfeuer im kalten New Jersey-Winter. Tatsächlich erwartete ihn immer noch das Hotelzimmer, in das er nach seinem Auszug bei House gezogen war.
Bei Houses Wagen angekommen, stellte der sich so, dass Wilson sein Gesicht sehen konnte.
„Ich hab eine Überraschung für dich. Ich bin mir nicht sicher, ob sie dir gefällt, aber… nun ja, wart’s ab, du wirst es bald sehen.“
„Überraschung? Was für eine Überraschung? Bitte, ich bin momentan kein Freund weiterer Neuerungen.“
„Tut mir leid, aber ich sag nichts mehr. Du wirst es ja gleich erfahren.“ Damit stieg er in den Wagen.
Die Fahrt verlief ruhig – notgedrungen. Wilson hätte mindestens 100 Fragen zu der von House ‚angedrohten’ Überraschung gehabt, aber da der als Fahrer auf die Straße schauen musste, wäre jeder Versuch einer Unterhaltung sowieso zum Scheitern verurteilt gewesen.
Schließlich verließen sie die Hauptstraße und bogen in ein Wohngebiet ein. Jetzt dämmerte Wilson etwas und Minuten später wurde er bestätigt.
House hielt vor seinem Appartement, drehte sich zu Wilson und verkündete: „Willkommen zu Hause!“
Wilson fehlten die Worte. „House, das…ich kann doch nicht…“
„Na komm – du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine in deinem Hotelzimmer grübeln lasse! Grübeln wir gemeinsam – der Lahme und der Taube, das dynamische Duo des PPTH. Wir sitzen uns auf meiner Couch die Hintern platt, trinken Bier und gucken Filme. Ich hab ein paar, für die du garantiert keine Untertitel brauchst!“
Wilson verstand nicht alles von Houses kleiner Ansprache, aber doch genug, um als Reaktion darauf mit den Augen zu rollen. „OK, ich ziehe ein.“
House grinste.
„Vorläufig! Ich verspreche dir nicht, zu bleiben. Irgendwelche krummen Dinger und ich bin weg!“ Er warf dem Diagnostiker einen strengen Blick zu.
Innerlich aber jubelte Wilson. Wenn er es House gesagt hätte, hätte der bestimmt nur einen sarkastischen Kommentar gegeben, also schwieg er. Dennoch er war unendlich erleichtert, nicht allein zu sein. Mit diesem Appartement verband ihn schon seit Jahren mehr als mit allen Wohnungen oder Häusern, die er sich mit seinen Frauen je geteilt hatte. Hier hatte er auch nach der Trennung von Julie neu angefangen – trotz, oder gerade wegen, Houses skurrilen Verhaltens und ihrer völlig verkorksten Freundschaft. Vielleicht würde er auch jetzt den Neuanfang schaffen.
Gemeinsam gingen sie ins Haus.
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4. Going Home
„Wilson! Hallo!“
House schwenkte seinen Stock vor seinem Freund herum, der in Gedanken versunken auf der Bettkante saß. Er schaute auf. Sein Kopf war noch immer mit einem Verband umwickelt, der aber schon deutlich kleiner war als noch vor einigen Tagen.
„Und? Kann’s losgehen?“
Der Onkologe schaute House fragend an – er wirkte so unsicher, dass es dem einen Stich versetzte. Doch dann nickte der Jüngere.
„Lass uns fahren. Bin froh, wenn ich den Laden nicht mehr sehen muss.“
„Dir ist aber schon klar, dass du demnächst wieder hier arbeiten musst, oder?“
Noch ein fragender Blick. Verdammt! House nahm sich vor, daran zu denken, aber manchmal war sein Mund doch schneller als sein Gehirn und er vergaß, dass zu komplizierte oder unerwartete Sätze für Wilson zur Zeit nur schwer oder gar nicht zu verstehen waren. Es war ja auch nicht zu erwarten, dass er nach 2 Wochen ein Experte im Lippenlesen wäre – einer Kunst, die sowieso zu mehr als 50 % aus Raten und Kombinieren bestand. Momentan war nicht die geeignete Zeit für sarkastische Kommentare. Obwohl: die Situation wäre schon richtig, nur was half es, wenn Wilson die besten Witze sowieso verpasste.
Vor gerade mal einer Woche hatte Wilsons „Experte“ – House tat sich schwer mit dieser Bezeichnung für einen Arzt, der so gar nichts tun konnte – ihnen eröffnet, dass er sein Gehör wohl nicht wiedererlangen würde. Es hatte ihn verständlicherweise schwer getroffen. Wilson stand vor einem Abgrund. Er konnte sich kaum vorstellen, wie sein sowieso ziemlich verkorkstes Leben (Scheidung Nummer 3 war noch kein Jahr her) weitergehen sollte. Immerhin hatte House Cuddy sofort zusagen lassen, dass er seinen Job behalten würde. Aber was auf ihn zukam, bevor er wieder arbeiten könnte, machte ihm Angst: er musste Lippenlesen und ASL lernen. Außerdem bestand Cuddy auf Sprachtherapie. Er musste lernen, den Klang und die Lautstärke seiner Stimme einzuschätzen, auch wenn er sich nicht hören konnte.
House hatte sich erstaunlich mitfühlend gezeigt: er war gerade in den ersten Tagen kaum von Wilsons Seite gewichen, war stets zur Stelle, wenn der Onkologe aufwachte. Oft war der dann erst einmal verwirrt und brauchte einen kurzen Moment, bevor er wieder realisierte, was passiert war. Es war gut, dann ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Außerdem hatte er versprochen, mit Wilson zusammen ASL zu lernen – „Du brauchst schließlich jemanden, dem du zuwinken kannst“ war seine wie üblich äußerst charmante Begründung. Zumindest das wäre aber tatsächlich weniger ein Problem: zu Wilsons Erleichterung erfuhr er von House, dass Cameron durch einen Collegekurs bereits einige grundlegende Gebärden beherrschte: „Momentan gebärdet sie bestimmt besser als du.“
Chase konnte tatsächlich flüssig gebärden – leider nur in AUSLAN, der australischen Form, die sich von der amerikanischen doch sehr unterschied. Aber immerhin – das Lernen dürfte ihm leichter fallen, und einige Ähnlichkeiten waren ja schon vorhanden.
Die Tatsache, dass es in der Gebärdensprache tatsächlich noch grundverschiedene Dialekte gab, hatte Wilson nur kurz irritiert. House dagegen konnte sich natürlich einige beißende Kommentare nicht verkneifen.
„Also wirklich! Da erfindet jemand schon eine völlig neue Sprache, und dann ist es nicht möglich, die einheitlich zu verbreiten?“ meinte er zu Cameron. „Die Tauben“ (er sah mit Freude, wie Cameron bei diesem politisch so schön unkorrekten Ausdruck zusammenzuckte) „hätte damit die Weltherrschaft an sich reißen können! Wilson hätte Diktator sein können! Das wäre was: mein Kumpel, der Beherrscher des Erdballs! Er hätte mir unwürdigem Hörenden natürlich einen guten Posten zugeschanzt!“
Mit solchen Sprüchen brachte er auch Wilson zum Lachen. Und in der behüteten Umgebung der Klinik wurde der auch langsam wieder etwas sicherer. Er unternahm Spaziergänge über das Klinikgelände, besuchte House in seinem Büro, und erkundete seine neue, stille Welt. Nur nachts ließ er weiter das Licht an, weil ihn die Kombination aus nichts sehen und nichts hören noch in Panik versetzte.
Tja, und nun sollte er nach House entlassen werden. „Nach Hause“ – das klang nach gemütlicher Wohnung und Kaminfeuer im kalten New Jersey-Winter. Tatsächlich erwartete ihn immer noch das Hotelzimmer, in das er nach seinem Auszug bei House gezogen war.
Bei Houses Wagen angekommen, stellte der sich so, dass Wilson sein Gesicht sehen konnte.
„Ich hab eine Überraschung für dich. Ich bin mir nicht sicher, ob sie dir gefällt, aber… nun ja, wart’s ab, du wirst es bald sehen.“
„Überraschung? Was für eine Überraschung? Bitte, ich bin momentan kein Freund weiterer Neuerungen.“
„Tut mir leid, aber ich sag nichts mehr. Du wirst es ja gleich erfahren.“ Damit stieg er in den Wagen.
Die Fahrt verlief ruhig – notgedrungen. Wilson hätte mindestens 100 Fragen zu der von House ‚angedrohten’ Überraschung gehabt, aber da der als Fahrer auf die Straße schauen musste, wäre jeder Versuch einer Unterhaltung sowieso zum Scheitern verurteilt gewesen.
Schließlich verließen sie die Hauptstraße und bogen in ein Wohngebiet ein. Jetzt dämmerte Wilson etwas und Minuten später wurde er bestätigt.
House hielt vor seinem Appartement, drehte sich zu Wilson und verkündete: „Willkommen zu Hause!“
Wilson fehlten die Worte. „House, das…ich kann doch nicht…“
„Na komm – du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine in deinem Hotelzimmer grübeln lasse! Grübeln wir gemeinsam – der Lahme und der Taube, das dynamische Duo des PPTH. Wir sitzen uns auf meiner Couch die Hintern platt, trinken Bier und gucken Filme. Ich hab ein paar, für die du garantiert keine Untertitel brauchst!“
Wilson verstand nicht alles von Houses kleiner Ansprache, aber doch genug, um als Reaktion darauf mit den Augen zu rollen. „OK, ich ziehe ein.“
House grinste.
„Vorläufig! Ich verspreche dir nicht, zu bleiben. Irgendwelche krummen Dinger und ich bin weg!“ Er warf dem Diagnostiker einen strengen Blick zu.
Innerlich aber jubelte Wilson. Wenn er es House gesagt hätte, hätte der bestimmt nur einen sarkastischen Kommentar gegeben, also schwieg er. Dennoch er war unendlich erleichtert, nicht allein zu sein. Mit diesem Appartement verband ihn schon seit Jahren mehr als mit allen Wohnungen oder Häusern, die er sich mit seinen Frauen je geteilt hatte. Hier hatte er auch nach der Trennung von Julie neu angefangen – trotz, oder gerade wegen, Houses skurrilen Verhaltens und ihrer völlig verkorksten Freundschaft. Vielleicht würde er auch jetzt den Neuanfang schaffen.
Gemeinsam gingen sie ins Haus.