Sound of silence (6/9)
Feb. 10th, 2008 10:32 am![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
6. Melancholie
Als sie bei Houses Appartment ankamen und den Hausflur betraten, machte Wilson große Augen.
„Wow, guck dir das an! Irgendjemand hat offensichtlich ne größere Lieferung bestellt“, staunte er mit Blick auf mehrere große Kartons, die an der Wand standen.
„Hm, ja, sieht so aus“, antwortete House unverbindlich und schloss die Wohnungstür auf.
Wilson warf einen genaueren Blick auf das erste Paket. „House! Die sind ja für dich! Was um Himmels Willen ist das!?“
House drehte sich in der Tür um. „Ich bin mir nicht ganz sicher…“ Wilson stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn zweifelnd an. „…ich meine, es könnte auch ein Geschenk des Sultans von Brunei sein, man weiß ja nie. Aber es ist schon wahrscheinlicher, dass es sich um die bestellten Möbel handelt.“
„Was für Möbel? Willst du umdekorieren?“ Das konnte er sich eigentlich kaum vorstellen. House hing sehr an seinem alten Kram.
„Wilson, ich weiß, du liebst meine Couch – du hast ja sogar eine Duftmarke drauf gesetzt – aber auf Dauer muss das doch tierisch unbequem sein. Ich dachte, ich gönne dir ein eigenes Zimmer mit eigenem Bett. Außer natürlich, du möchtest bei mir schlafen.“
Wilsons Blick beantwortete, was er von dieser Option hielt. Er rieb sich den Nacken. „Es ist so, House, ich weiß nicht… ich bin mir nicht sicher, wie lange ich überhaupt bleiben möchte. Ich meine, es ist fantastisch, hier zu sein, und glaub mir, ich wundere mich selbst, dass ich das sage, aber du bist eine riesige Hilfe für mich. Du hälst mich vom Grübeln ab, deine blöden Witze verhindern, dass ich in Selbstmitleid versinke, aber irgendwann muss ich versuchen, wieder alleine klar zu kommen.“
House starrte zu Boden. Doch als er wieder aufsah, war sein Gesichtsausdruck weder enttäuscht noch ärgerlich. „Planst du denn, in den nächsten Tagen auszuziehen?“
„Äh, eigentlich nicht.“
„Dann ist doch alles klar. Glaub nicht, dass ich die Schinderei, meine Abstellkammer freizuräumen“, er bezog sich auf ein kleines Zimmer neben dem Bad, in dem er allen möglich Kram lagerte, „betreiben würde, wenn du nächste Woche abhauen willst. Aber wenn du noch ein paar Tage länger bleibst, lohnt es sich doch. Denk nur an meine ganzen Besucher. Die werden sich freuen, endlich bequem schlafen zu können.“
„Oh, du meinst die 100 Leute außer mir, die hier jedes Jahr übernachten? Und welche Schinderei für dich? Ich bin sicher, das Aufräumen und Möbel zusammenschrauben darf ich allein übernehmen.“
„Hey, ich bin ein Krüppel! Ich kann das gar nicht!“
Wilson zögerte nur kurz. Dann antwortete er: „Sagte ein Krüppel zum anderen.“
House grinste. Zum ersten mal hatte er Wilson dazu bekommen, über seine Behinderung einen Witz, wenn auch einen ziemlich schwachen, zu reißen. „Ja, aber ich bin der Krüppel mit der Plakette am Auto. Die kriegst DU nicht.“
Damit streckte er die Zunge heraus, drehte sich um und ging in die Wohnung.
Wilson hatte natürlich Recht gehabt, wie hätte es auch anders sein sollen: er räumte auf, baute die Möbel zusammen und rückte alles an seinen Platz. House verschwand währenddessen im Wohnzimmer. Wilson fluchte laut, als ihm zum dritten Mal ein Brett, das er festschrauben wollte, aus der Hand rutschte. Seit einer Stunde bastelte er nun schon daran, das Ding zusammenzusetzen. Nie wieder IKEA, schwor er sich.
„Könntest du deinen Hintern vielleicht mal kurz herbewegen und mir helfen? Das wäre zu nett!“ rief er.
House ließ sich allerdings nicht blicken. Missmutig stand der Onkologe auf, um sich auf die Suche nach ihm zu machen. Als er ins Wohnzimmer kam, saß House an seinem Flügel, offenbar völlig in die Musik versunken. Wilson zögerte. Er wusste, wie viel House die Musik bedeutete, dass er dabei abschalten und alles um sich herum vergessen konnte. Das wollte er nicht stören.
Sein Unmut war schon verraucht und machte einem Hauch von Melancholie Platz, als House aufsah: „Oh, schon fertig mit Aufbauen?“
„Nicht wirklich. Ich fürchte, ohne mindestens eine weitere Hand wird das nichts.“
House machte Anstalten, aufzustehen.
„Nein, lass.“ stoppte Wilson ihn. „Das können wir später machen. Ich wollte dich nicht stören.“ Er setzte sich aufs Sofa, das gleiche Sofa, auf dem er so oft gesessen und Houses Spiel zugehört hatte. Er vermisste es. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Spiel weiter, ja?“
House zögerte, dann spielte er. Wilson saß regungslos da. Erinnerungen an die Abende mit House schwirrten ihm durch den Kopf. House am Flügel, House mit seiner Gitarre… Langsam wechselte sein Gesichtsausdruck von neutral zu traurig. House beobachtete ihn. Schließlich stand er auf und ging zu Wilson hinüber, legte eine Hand auf seine Schulter.
„Komm her.“
„Was?“
„Los, komm.“ Er dirigierte Wilson zum Instrument hinüber. „Setz dich“, wies er auf einen Stuhl neben dem Flügel. „Den Kopf und die Hände auf den Flügel.“
„House, ich will nicht…“
„Mach es einfach, ok?“ sagte er sanft.
Und Wilson gehorchte. House setzte sich wieder ans Instrument und begann zu spielen. Aufmerksam beobachtete er Wilson. Nichts. Keine Reaktion. House spielte weiter, wechselte zum nächsten Stück, der Mondscheinsonate, was sonst in dieser Stimmung. Dann, langsam entspannten sich die Gesichtszüge des Onkologen. Er schloss die Augen und wurde sichtbar ruhiger, als die Vibrationen des Instruments durch seinen Körper liefen. House spielte noch eine zeitlang weiter, versank immer mehr in der Musik. So entging ihm zuerst, wie sich langsam eine Träne den Weg aus Wilsons Auge sein Gesicht hinunter bahnte. Erst als er das Stück beendete, sah er erschrocken, wie der Onkologe sich mit der Hand über die Augen fuhr.
Wilson blickte ertappt in Houses Richtung. „Ich bin ok. Ist nichts…“
„Sicher?“
„Ja… es ist nur… na ja, anders als sonst eben.“ Wilson versuchte ein Lächeln, das aber reichlich verunglückt wirkte. „Und, was meinst du? Krieg ich jetzt Hilfe beim Möbel zusammenschrauben?“ fragte er mit rauher Stimme.
Gott, House war froh. Was hätte er Wilson sagen sollen? Er war noch nie gut in Gesprächen gewesen, in denen es womöglich um Gefühle gehen könnte. Warum war er überhaupt dieser blöden Idee gefolgt, Wilson an den Flügel zu zerren? Schnell nutzte er das Angebot zum Themenwechsel. Der Onkologe wirkte auch schon wieder gefasster. Alles ok also, dachte House.
Sie gingen ins Nebenzimmer. „Hab ja immer geahnt, dass du zwei linke Hände hast. Was hast du denn da versucht?... Die Schraube gehört da doch überhaupt nicht hin… Meine Güte, Wilson…“ Kurz darauf klang ihr Lachen durch die Wohnung.
Als sie bei Houses Appartment ankamen und den Hausflur betraten, machte Wilson große Augen.
„Wow, guck dir das an! Irgendjemand hat offensichtlich ne größere Lieferung bestellt“, staunte er mit Blick auf mehrere große Kartons, die an der Wand standen.
„Hm, ja, sieht so aus“, antwortete House unverbindlich und schloss die Wohnungstür auf.
Wilson warf einen genaueren Blick auf das erste Paket. „House! Die sind ja für dich! Was um Himmels Willen ist das!?“
House drehte sich in der Tür um. „Ich bin mir nicht ganz sicher…“ Wilson stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn zweifelnd an. „…ich meine, es könnte auch ein Geschenk des Sultans von Brunei sein, man weiß ja nie. Aber es ist schon wahrscheinlicher, dass es sich um die bestellten Möbel handelt.“
„Was für Möbel? Willst du umdekorieren?“ Das konnte er sich eigentlich kaum vorstellen. House hing sehr an seinem alten Kram.
„Wilson, ich weiß, du liebst meine Couch – du hast ja sogar eine Duftmarke drauf gesetzt – aber auf Dauer muss das doch tierisch unbequem sein. Ich dachte, ich gönne dir ein eigenes Zimmer mit eigenem Bett. Außer natürlich, du möchtest bei mir schlafen.“
Wilsons Blick beantwortete, was er von dieser Option hielt. Er rieb sich den Nacken. „Es ist so, House, ich weiß nicht… ich bin mir nicht sicher, wie lange ich überhaupt bleiben möchte. Ich meine, es ist fantastisch, hier zu sein, und glaub mir, ich wundere mich selbst, dass ich das sage, aber du bist eine riesige Hilfe für mich. Du hälst mich vom Grübeln ab, deine blöden Witze verhindern, dass ich in Selbstmitleid versinke, aber irgendwann muss ich versuchen, wieder alleine klar zu kommen.“
House starrte zu Boden. Doch als er wieder aufsah, war sein Gesichtsausdruck weder enttäuscht noch ärgerlich. „Planst du denn, in den nächsten Tagen auszuziehen?“
„Äh, eigentlich nicht.“
„Dann ist doch alles klar. Glaub nicht, dass ich die Schinderei, meine Abstellkammer freizuräumen“, er bezog sich auf ein kleines Zimmer neben dem Bad, in dem er allen möglich Kram lagerte, „betreiben würde, wenn du nächste Woche abhauen willst. Aber wenn du noch ein paar Tage länger bleibst, lohnt es sich doch. Denk nur an meine ganzen Besucher. Die werden sich freuen, endlich bequem schlafen zu können.“
„Oh, du meinst die 100 Leute außer mir, die hier jedes Jahr übernachten? Und welche Schinderei für dich? Ich bin sicher, das Aufräumen und Möbel zusammenschrauben darf ich allein übernehmen.“
„Hey, ich bin ein Krüppel! Ich kann das gar nicht!“
Wilson zögerte nur kurz. Dann antwortete er: „Sagte ein Krüppel zum anderen.“
House grinste. Zum ersten mal hatte er Wilson dazu bekommen, über seine Behinderung einen Witz, wenn auch einen ziemlich schwachen, zu reißen. „Ja, aber ich bin der Krüppel mit der Plakette am Auto. Die kriegst DU nicht.“
Damit streckte er die Zunge heraus, drehte sich um und ging in die Wohnung.
Wilson hatte natürlich Recht gehabt, wie hätte es auch anders sein sollen: er räumte auf, baute die Möbel zusammen und rückte alles an seinen Platz. House verschwand währenddessen im Wohnzimmer. Wilson fluchte laut, als ihm zum dritten Mal ein Brett, das er festschrauben wollte, aus der Hand rutschte. Seit einer Stunde bastelte er nun schon daran, das Ding zusammenzusetzen. Nie wieder IKEA, schwor er sich.
„Könntest du deinen Hintern vielleicht mal kurz herbewegen und mir helfen? Das wäre zu nett!“ rief er.
House ließ sich allerdings nicht blicken. Missmutig stand der Onkologe auf, um sich auf die Suche nach ihm zu machen. Als er ins Wohnzimmer kam, saß House an seinem Flügel, offenbar völlig in die Musik versunken. Wilson zögerte. Er wusste, wie viel House die Musik bedeutete, dass er dabei abschalten und alles um sich herum vergessen konnte. Das wollte er nicht stören.
Sein Unmut war schon verraucht und machte einem Hauch von Melancholie Platz, als House aufsah: „Oh, schon fertig mit Aufbauen?“
„Nicht wirklich. Ich fürchte, ohne mindestens eine weitere Hand wird das nichts.“
House machte Anstalten, aufzustehen.
„Nein, lass.“ stoppte Wilson ihn. „Das können wir später machen. Ich wollte dich nicht stören.“ Er setzte sich aufs Sofa, das gleiche Sofa, auf dem er so oft gesessen und Houses Spiel zugehört hatte. Er vermisste es. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Spiel weiter, ja?“
House zögerte, dann spielte er. Wilson saß regungslos da. Erinnerungen an die Abende mit House schwirrten ihm durch den Kopf. House am Flügel, House mit seiner Gitarre… Langsam wechselte sein Gesichtsausdruck von neutral zu traurig. House beobachtete ihn. Schließlich stand er auf und ging zu Wilson hinüber, legte eine Hand auf seine Schulter.
„Komm her.“
„Was?“
„Los, komm.“ Er dirigierte Wilson zum Instrument hinüber. „Setz dich“, wies er auf einen Stuhl neben dem Flügel. „Den Kopf und die Hände auf den Flügel.“
„House, ich will nicht…“
„Mach es einfach, ok?“ sagte er sanft.
Und Wilson gehorchte. House setzte sich wieder ans Instrument und begann zu spielen. Aufmerksam beobachtete er Wilson. Nichts. Keine Reaktion. House spielte weiter, wechselte zum nächsten Stück, der Mondscheinsonate, was sonst in dieser Stimmung. Dann, langsam entspannten sich die Gesichtszüge des Onkologen. Er schloss die Augen und wurde sichtbar ruhiger, als die Vibrationen des Instruments durch seinen Körper liefen. House spielte noch eine zeitlang weiter, versank immer mehr in der Musik. So entging ihm zuerst, wie sich langsam eine Träne den Weg aus Wilsons Auge sein Gesicht hinunter bahnte. Erst als er das Stück beendete, sah er erschrocken, wie der Onkologe sich mit der Hand über die Augen fuhr.
Wilson blickte ertappt in Houses Richtung. „Ich bin ok. Ist nichts…“
„Sicher?“
„Ja… es ist nur… na ja, anders als sonst eben.“ Wilson versuchte ein Lächeln, das aber reichlich verunglückt wirkte. „Und, was meinst du? Krieg ich jetzt Hilfe beim Möbel zusammenschrauben?“ fragte er mit rauher Stimme.
Gott, House war froh. Was hätte er Wilson sagen sollen? Er war noch nie gut in Gesprächen gewesen, in denen es womöglich um Gefühle gehen könnte. Warum war er überhaupt dieser blöden Idee gefolgt, Wilson an den Flügel zu zerren? Schnell nutzte er das Angebot zum Themenwechsel. Der Onkologe wirkte auch schon wieder gefasster. Alles ok also, dachte House.
Sie gingen ins Nebenzimmer. „Hab ja immer geahnt, dass du zwei linke Hände hast. Was hast du denn da versucht?... Die Schraube gehört da doch überhaupt nicht hin… Meine Güte, Wilson…“ Kurz darauf klang ihr Lachen durch die Wohnung.